Über die großen Verstärker von Sansui habe ich schon mehrfach berichtet. Diese wundervollen Geräte, der Baureihe AU-9900, AU-11000 und AU-20000 wurden ab 1975 angeboten und sind bis heute
geschätzt und begehrt und zwar ganz zu Recht. Heute möchte ich mal den kleinsten Vollverstärker der Großen vorstellen, den AU-9900. Immerhin leistet er 2 mal 90 Watt sinus an 8 Ohm und hat exakt
die gleichen Abmessungen wie seine größeren Brüder. Auch das Design ist bis auf die umfangreichere Ausstattung identisch.
Dieses Exemplar sollte bei uns komplett überholt werden, war aber leider vom offensichtlich darin unerfahrenen Besitzer in einem viel zu kleinen Karton verschickt worden und erlitt dabei leider
kräftige Transportbeschädigungen. Das Gerät gab, entgegen den Mängelbeschreibungen, keinen Ton von sich. Zu sehen war von dem Schaden zunächst einmal nichts, abgesehen von einem durchgebogenen
Bodenblech.
Zunächst wurde also die Frontplatte und auch die Werkplatte entfernt, dann kommt man an sämtliche Bedienelemente ganz gut heran. Weshalb da, trotz des üblichen Relaisklickens kein Ton zu hören
ist, konnte man aber zunächst noch nicht sehen.
Der Lautsprecherwahlschalter (oben im Bild ganz links zu sehen) fiel jedoch bei der ersten Berührung einfach mal in Stücke. Deshalb also kein Ton. Dieser Schalter ist nicht mehr zu retten,
zuverlässig arbeiten würde er wohl kaum, wenn man ihn kleben sollte. Ich habe mich daher für einen neuen Schalter entschieden, den ich im Schrott aus einem anderen Gerät ausbauen konnte. Der
passte mechanisch ganz hervorragend, leider gibt es ein kleines Problem: man kann die Stellungen OFF, A und B benutzen – lediglich in Stellung A + B gibt es keinen Ton. Der neu verwendete
Schalter kann dies nicht. Ich denke aber, das lässt sich verschmerzen.
Danach spielte der Verstärker wieder, jedoch nur auf dem linken Kanal. Ein Durchtesten aller Eingänmge ergab, dass bei TUNER nur der rechte Kanal spielte, bei allen anderen Eingängen nur
der linke. Was war da denn los?
Unterhalb des Eingangswahlschalters war die im rechten Winkel verlötete Platine gebrochen. Offensichtlich hat das Geräte einen heftigen Sturz erlitten. Die gebrochene Platine ließ sich aber
wieder instandsetzen. Viele einzelen Drähte ersetzen die durchtrennten Leiterbahnen.
Zusätzlich wurde die Platine mechanisch zusammengeklebt.
Diese kleine Blech (links im Bild) war durchgebogen wie eine Banane, ich habe es wieder gerichtet, nachdem alle Unterbrechungen beseitigt waren.
Dort sitzt der neue Lautsprecherwahlschalter.
Hier ist bereits das neue Lautsprecherrelais auf der Platine zu sehen, neben etlichen erneuerten Kondensatoren auf nahezu allen Platinen. Das sind Verschleißteile, die wir stets vorbeugend
erneuern.
Nachdem nun alles wieder spielte, stellte sich jedoch der Fehler ein, den der Besitzer des Verstärkers auch gut beschrieben hatte: nach einer gewissen Spielzeit begann ein Kanal stark zu rauschen
und zu Knistern, jedoch nur mit aktiviertem Klangstellteil, in Stellung DEFEAT oder FILTERS ONLY waren diese Geräusche sofort verschwunden.
Als Übeltäter stellten sich die oben im Bild sichtbaren Doppeltransistoren von Mitsubishi des Typs 2SA798 heraus, die das leider ganz gerne mal tun. Glücklicherweise verfügen wir noch über
Vorräte an diesen mittlerweile seltenen Transistoren und konnten die Übeltäter erneuern.
Hier ein Blick von oben in den komplett restaurierten Verstärker.
Hervorzuheben ist das kräftige Netzteil in Doppel-Mono-Ausführung, also getrennten Stromversorgungen für jeden Kanal.
Und so schaut der AU-9900 von aussen aus. Typisch Sansui: schwarze Frontplatte mit silbernen Knöpfen – hatte damals kein anderer Hersteller!
Stabil und robust gemacht und dabei von eleganter und zeitloser Schönheit.
Über dem Lautsprecherwahlschalter gibt es eine Leuchtdiode, die etwa 4 Sekunden nach dem Einschalten die Farbe von rot auf grün wechselt, exakt zusammen mit dem Relaisklick. Von da an hört man
den Ton. Der AU-9900 verfügt über drei Klangsteller – Bässe, Mitten und Höhen. Bei den Höhen und Tiefen sind sogar die Einsatzfrequenzen wählbar.
Die gesamte Klangeinstellung kann per Schalter auch überbrückt werden. Zusätzlich gibt es noch zweistufige Filter für Höhen und Tiefen. Auch ein Mutingschalter (-20dB) ist vorhanden. Unten am
Volumepoti gibt es noch zusätzlich einen Vorpegelschalter mit drei Stellungen (0dB, -10dB und -20dB). Zusammen mit dem Mutingschalter lässt sich der Pegel damit auf -40dB absenken – wodurch sich
bei voll aufgedrehtem Volumepoti gerade mal niedrige Zimmerlautstärke erreichen lässt. Die Einstellung ist dann jedoch extrem feinfühlig!
Die Verstärker dieser Baureihe haben alle Anschlüsse an den Seiten, wodurch der Abschluss der Kabel deutlich erleichtert wird, wenn das Gerät in einem Regal steht. Oben sind die
Lautsprecheranschlüsse sowie die auftrennbaren Vorverstärkerausgänge und Endverstärkereingänge auf der linken Gehäuseseite zu sehen.
Entsprechend befinden sich links alle Eingänge, zweimal Phono,. zweimal Aux, Tuner und zwei mal Tape. Zusätzlich lässt sich Phono 1 noch in Eingangsimpedanz und Eingangsempfindlichkeit
beeinflussen.
Hinten befinden sich nur noch die typischen US-Steckdosen für weitere Geräte, die wir natürlich stets still legen, da diese in Deutschland nicht zulässig sind.
Insgesamt bin ich recht froh, dass dieser Verstärker noch lange seinen Dienst versehen wird. Wer weiß, manch andere Werkstatt hätte möglicherweise wegen des zerbrochenen Schalters und der
gebrochenen Platine aufgegeben und das Gerät als irreparabel bezeichnet.