Im Jahr 1975 war der Hersteller Nippon Columbia, Markenlabel DENON in Deutschland noch relativ unbekannt. Der Vertrieb wurde von der Firma Bolex in München betrieben, die Marke Denon sollte dei
Bolex den Verlust der Marke Marantz, die man bis 1973 in Deutschland vertrieben hatte. Marantz eröffnete dann eine eigene Deutschland-Niederlassung, wodurch Denon die Vertriebskapazitäten bei
Bolex füllen konnte. Was seinerzeit kaum jemand ahnte: Denon war qualitativ so hochwertig, dass die zuvor vetriebenen Geräte der Marke Marantz dagegen völlig verblassten. Damit hatten jedoch die
Vertriebsleute so ihre Probleme, hatten sie doch jahrelang Marantz als das hochwertigste Produkt auf dem Hifi-Markt angepriesen. Nun kamen die Denon-Produkte in Deutschland einfach nicht mehr so
recht in Fahrt. Leider bleiben daher Receiver, wie der zeitgleich angebotene GR-555 und sein kleiner Bruder GR-535 nicht so weit verbreitet, wie es der angebotenen Qualität eigentlich entsprochen
hätte. Jeder, der schon einmal einen GR-555 besessen hat, weiß, wie gut diese Geräte sind. Um das einmal richtig deutlich zu machen, stelle ich heute mal einen relativ kleinen Verstärker dieses
Traditionsherstellers vor.
Der PMA-355 kostete 1975 rund 1.200,- DM und leistete 2 mal 65 Watt sinus an 4 Ohm, bei einem Gewicht von 11,2 kg. Das alles ruft üblicherweise noch keine Begeisterung hervor, lediglich werden
diese Daten einfach zur Kenntnis genommen. Aber schaut man sich diesen unscheinbaren Verstärker einmal ganz ausführlich aus der Nähe an, dann ändert man rasch seine Meinung über ihn und es kommt
so etwas wie Begeisterung auf. Doch der Reihe nach:
Als erstes mussten die beiden Netzschalter erneuert werden – die Kontakte waren verbrannt. Es handelt sich um Mikrotaster, die von einer Mechanik betätigt werden. Dieser Schalter betätigt
gleichzeitig noch einen Stummschalter, der dafür sorgt, dass beim Ausschalter sofort keinerlei Tonsignal mehr an die Endstufen geliefert werden kann. Die beiden Entstörkondensatoren wurden gleich
mit erneuert (klar X2-Typen). Wie üblich war auch die Power-Lampe durchgebrannt, das sollte nach 44 Jahren Betrieb nicht wirklich verwundern. Als Techniker begeistert sofort die absolute
Servicefreundlichkeit, mit der der PMA-255 verwöhnt. Die Platinen lassen sich mit sehr geringem Aufwand ausbauen. So kommt man an alles bestens heran. Die obere Platine ist ebenso einfach
auszubauen. Auf beiden Platinen wurden sämtliche Schalter und Potis gründlich gereinigt, sowie sämtliche Tantal-Elkos und alle Alu-.Elkos unter 16 Volt erneuert. Dies sorgt für eine langfristig
störungsfreie Betriebszeit in den kommenden Jahren, die dieser Verstärker garantiert noch vor sich hat. Die beiden Schalter in der Mitte sind übrigens Bass- und Höhen-Steller, die in
2dB-Schritten bis zu +/-10dB Bässe und Höhen absenken oder anheben. In dieser Preisklasse sehr ungewöhnlich, normalerweise sind sehr viel preiswertere Potis dafür zuständig. Auch alle übrigen
Bauteile sind von höchster Qualität und von besonderer Robustheit – alles wie für die Ewigkeit gemacht. In der Mitte die Platine für das geregelte Netzteil sowie die Schutzschaltung. Das
Lautsprecherrelais (in der Mitte) wurde natürlich erneuert. Rechts und links mit den Kühlkörpern befinden sich die Endstufen. Von außen ein sehr hübsch lackiertes Metallgehäuse mit abgerundeten
Kanten, vorne eine solide, schlichte Aluplatte – alles wirkt übersichtlich und aufgeräumt und ist völlig frei von modischem Schnickschnack. Die Ausstattung lässt keine Wünsche offen. Ohne
überladen zu wirken, ist wirklich alles Notwendige vorhanden, sogar noch etliches darüber hinaus. Große Drehknöpfe und satt rastende Kippschalter erleichtern die Bedienung. Es können zwei Paar
Lautsprecher angeschlossen werden, es gibt zwei steilflankige Filter und einen Loudnessschalter. Zusätzlich können zwei Tapes angeschlossen werden, inklusive einer Überspielschaltung – einer
davon sogar zusätzlich in DIN. Neben den Klangstellern gibt es Balance und Volume-Steller auf einer Achse, darunter einen Modeschalter und den Eingangswahlschalter der zusätzlich zum Tuner noch
zwei Plattenspieler und zwei Reserve-Eingänge aufzuweisen hat. Ganz rechts gibt es noch einen zweistufigen Mutingschalter zum Feinregeln der Lautstärke im unteren Bereich. Wirklich extrem
umfangreich diese Ausstattung! Kreativität bewies man bei Denon mit der Wahl der Schrifttype für die Frontplatte. Auf der Rückseite fällt der mittig montierte Netztrafo ins Auge, der noch etwas
herausragt. Die hochwertigen Cinchbuchsen sind alle sehr übersichtlich angeordnet und bis heute kein bißchen angelaufen (das ist nicht bei allen Geräten so!) Rechts findet man die
Lautsprecherterminals, daneben gibt es sogar noch Cinchbuchsen zur Auftrennung zwischen Vor- und Endverstärker – unglaublich bei diesem Preis!
Wer so einen “kleinen” Verstärker besitzt sollte erkennen, welchen Wert dieser tatsächlich hat. Einfach großartig, was Denon damals für diesen Preis angeboten hat!